04_Authentizitaet

Marina steht mit der Kaffeetasse in der Hand vor dem Kaffeeautomaten. Herr Seifert kommt herein. Auch er will einen Kaffee. Herr Seifert ist Marinas Chef.

»Bitte«, sagt Marina freundlich um ihm den Vortritt zu lassen.

Herr Seifert nickt und lässt sich seinen Kaffee heraus.

Marina hält zwar nichts von der ganzen Hierarchie, aber es ist wohl besser wenn sie Seifert nicht verärgert nachdem Schnitzer den sie sich gestern mit dem Verkaufsleiter geleistet hat. Aber vielleicht hat der ja auch gar nichts gesagt?

»Was war das genau gestern mit der Verkaufsabteilung?«, fragt Herr Seifert, während er den Zucker in seinen Kaffee einrührt und nur langsam den Platz vor dem Automaten für Marina freigibt.

Wusste ich’s doch, Kaltenbach ist eine Petze, denkt Marina und ist verärgert.

»Das war nicht meine Schuld, dass Frau Kinkelmann das falsche Plakat bekam«, erwidert Marina aufmüpfig.

»Aber sie sind doch im Marketing dafür zuständig«, bellt Seifert zurück. »Ich erwarte einfach, dass solche Dinge nicht passieren.«

Egal wie sehr sich Marina herauswurmen will, mit Seifert ist nicht gut Kirschen essen und ihr Kaffee schmeckt ihr nun auch nicht mehr. Dabei war es ihr doch gerade so wichtig, dass Seifert eine gute Meinung von ihr und ihrer Arbeit hat, schliesslich möchte sie ja befördert werden. So schlimm war das nun auch wieder nicht mit dem Plakat, oder?

Während Marina ihren Gedanken nachhängt und sich überlegt, wie sie am besten aus dieser Situation herauskommt, sagt Seifert auf einmal: »Und überhaupt, das mit ihrer Haarfarbe und Frisur sollten sie sich auch noch mal überlegen.« Und weg ist er.

Marina steht da mit ihrer halbvollen Kaffeetasse in der Hand und halboffenem Mund. Vielleicht hätte sie doch nicht auf ihren Friseur hören sollen? Vielleicht sind ein Kostüm und ein dunkler Pagenschnitt doch wichtiger als sie dachte, um Karriere zu machen? Marina ist verunsichert. Wie soll das alles noch werden. Noch vierzig oder mehr Jahre muss sie noch arbeiten. Wie soll das bloss gehen?

Rewind.

 

Marina steht mit der Kaffeetasse in der Hand vor dem Kaffeeautomaten. Herr Seifert kommt herein.

»Guten Morgen«, sagt Marina freundlich und lässt sich ihren Kaffee heraus.

»Auch einen guten Morgen.«

»Übrigens, das mit der Plakatverwechslung, war gar nicht so ein Akt. Frau Kinkelmann gefiel sogar eine Komponente die wir das nächste Mal in das neue Plakat integrieren sollen«, sagt Marina während sie die Kaffeetasse unter dem Automaten hervorzieht. Sie lächelt Herrn Seifert an und holt sich Zucker.

»Aber das nächste Mal kontrolliere ich die Sendung nochmal vor dem Versand. Kann ja immer mal passieren, dass es zu Verwechslungen kommt.«

Herr Seifert nickt und sagt, während der heisse Kaffee in seine Tasse rinnt: »Ja Kaltenbach erwähnte das gestern an der Sitzung.«

»Übrigens, hätten sie in den nächsten Tagen etwas Zeit für mich für ein persönliches Gespräch?«, fragt Marina.

Herr Seifert sieht sie erstaunt an. Sie lächelt: »Es geht um meine Beförderung die ich mir wünsche. Ich würde gerne mit ihnen besprechen was ich dafür tun muss, das mit ihnen planen.«

»Ja denken sie denn, dass sie das verdienen und bereit für die Stelle von Frau Peters sind?«

»Auf jeden Fall. Ich denke ich bin eine gute Nachfolgerin von ihr.«

»Mit ihren leuchtendroten Haaren?«, neckt Herr Seifert sie.

»Mit meinen leuchtendroten Haaren. Die passen nun mal hervorragend zu schwarz und das ist ja die Farbe der Werber«, grinst Marina schlagfertig.

»Na meinetwegen, kommen sie am Donnerstag um zwei zu mir. Mit einem Kaffee bitte«, grinst Seifert zurück.