09_Beziehung

»Sollen wir Marianne und Heinz auch einladen?«

»Wenn du willst.«

»Aber dann müssen wir B und B auch.«

»Von mir aus.«

»Und da wären noch Fritz und Dominic. Die sind immer gleich sauer und fühlen sich benachteiligt.«

Marco zuckt die Achseln und sieht seine Frau mit einem leichten Anflug von Zweifeln an.

»Es ist dein fünfzigster Geburtstag. Du kannst einladen wen du willst.«

»Christine und Klaus haben wir auch schon ewig nicht mehr gesehen, aber ob die den weiten Weg auf sich nehmen?«

»Wenn du ihnen was wert bist sicher.«

Anabela sieht Marco an. Sie ist entnervt und sieht eher unglücklich als zufrieden aus.

»Liebes, du musst überhaupt nichts«, sagt Marco und nimmt sie in den Arm.

»Das sagst du so einfach, aber schliesslich sind das alles unsere Freunde.«

Marco küsst sie auf die Stirn und schiebt sie dann ein wenig von sich um sie genauer zu betrachten.

»Na und?«

»Wie, na und?« Anabela ist den Tränen nah.

»Ich bin einfach überfordert mit der ganzen Planerei. Und dann muss ich auch noch kochen und hab den ganzen Einkauf und Abwasch und überhaupt, was für ein Fest ist das eigentlich, wenn es mehr um die anderen geht als um mich?« Ihre Stimme überschlägt sich während sie die Tränen zurückzuhalten versucht.

»Wie gesagt«, fängt Marco an.

»Und die ganzen Kollegen vom Büro müsste ich doch auch einladen. Was denken die sonst, schliesslich sind wir ja mehr als Kollegen. Zumindest mit Rafael, Dorothea, Max, Jack und Tina.«

Marco schüttelt leicht den Kopf. Sie tut ihm leid seine Anabela die sich so unter Druck setzt.

»Wir können ja auch eine Waldhütte mieten und ein Catering beauftragen«, versucht er schwach eine mögliche Lösung vorzuschlagen.

»Das ist doch kein Geburtstag!«, ruft Anabela entsetzt. »Das wäre ein schöner fünfzigster, wenn ich mich so lumpen liesse.«

»Restaurant?«, wirft Marco als letzten Versuch ein.

»Das ruiniert uns.«

»Weniger einladen?«

»Bist du verrückt, dann reden die untereinander und alle die ich nicht einlade sind sauer. Das geht ja gar nicht«, wettert Anabela mehr verzweifelt als ungehalten.

»Wann waren wir eigentlich zuletzt bei einem von denen an einer Feier?«, fragt Marco ketzerisch.

»Das hat doch damit nichts zu tun. Aber wenn es darauf ankommt, würden alle uns helfen«, erwidert Anabela mit immer leiser und fragender Stimme.

»Also auf mich können sie immer zählen«, sagt sie dann mit fester, sicherer Stimme und fährt weiter mit der Auflistung der zu ladenden Gäste.

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Rewind.

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»Wen sollen wir denn eigentlich zu deinem fünfzigsten einladen?«, fragt Marco seine Anabela, während er sie vor dem Spiegel abknipst. Ein weiterer Schnappschuss für seine Sammlung.

»Am besten gar niemanden«, grinst Anabela »Wir könnten uns doch in die Karibik absetzen.«

Marco sieht sie zweifelnd an.

»Wieso machen alle so ein Theater um den fünfzigsten Geburtstag?«, fragt Anabela »Wenn ich denke wer alles an unserer Hochzeit war und wer jetzt nicht mehr zu unserem Freundeskreis zählt, frage ich mich, ob solche Feiern nicht mehr dazu tun Freunde loszuwerden als sie mehr an sich zu binden.«

Marco grinst: »Hat was.«

»Und das obwohl wir damals schon nur im kleinen Kreis gefeiert haben«, sagt Anabela mehr zu sich als zu ihm.

Anabela greift nach einem leeren Blatt und befestigt es mit einem Stück Klebstreifen am Fenster.

»Es dauert noch ein halbes Jahr bis zu meinem Wiegenfest. Sagen wir mal jeder den ich als Freund betrachte und der sich bis dahin meldet, den lade ich ein.«

Anabela schaut auf den leeren Zettel: »Na da bin ich mal gespannt wer als Freund auf dieser Liste landet.«

»Du solltest noch ergänzen: jeder der nichts will von dir«, wirft Marco grinsend ein »Du mit deinem leichten Helfersyndrom.«

»Das finde ich sehr gut. Also jeder der sich echt um mich kümmert, interessiert, mir hilft oder sonst irgendwie positiv bemerkbar macht.«

Anabel wirft noch einen letzten Blick in den Spiegel.

»Auf die Liste kommen auch die, die ich einfach liebe. Warum auch immer.«

Marco lächelt. Er liebt sie einfach, seine Anabela.