07_Begeisterung

»Wir haben ein neues Projekt.«

Henrikes tönerne Stimme verendet an den Wänden des Konferenzraums.

Die Belegschaft sieht sich an. Das muss ja ein gräuliches Projekt sein, wenn sich nicht mal Henrike dafür erwärmen kann, denkt sich der eine oder andere.

»Im Rahmen der Qualitätssicherung müssen wir eine Erhebung im Lager durchführen.«

Alle Augenbrauen heben sich ungläubig.

»Es ist unabdingbar, dass wir prüfen ob und wie wir die Sicherheits- und Regelbestimmungen bezüglich Nicht-Beschädigung der Verpackungen einhalten.«

Henrike nimmt einen Schluck Kaffee und mit der anderen Hand das Vorschriftenreglement, woraus sie danach mit eintöniger Stimme die wesentlichen Paragraphen vorliest.

Den Mitarbeitern fallen langsam die Augen zu, während Henrikes gleichbleibender Lautklang sie in Schlaf und Sicherheit wiegt.

»Gibt es dazu noch Fragen?« hört Meyer Henrike sagen und schreckt aus seiner Rammdöserei auf.

Niemand hat Fragen. Das wird sich dann schon klären. Was auch immer.

Oh je, Hirtenbein wieder! »Heisst das, ich muss das im Lager fünfzehn auch machen?«

»Das habe ich doch gerade gesagt, oder?«, fragt Henrike verwundert in die Runde.

»Aber wenn sie alle denken, dass ich hier mit den Wänden rede…« Henrike ist frustriert und verzweifelt ob der laschen Haltung und so wenig Engagement in ihrer Truppe. Mitarbeiter!

»Also dann wieder an die Arbeit die Herren«, scheucht Henrike alle auf und aus dem Sitzungszimmer hinaus.

Als Frau einem Haufen Männer vorzustehen ist schon nicht immer einfach, stöhnt Henrike innerlich und trinkt ihren Kaffee aus, während der letzte das Zimmer verlässt.

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Rewind.

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»Moin Jungs«, grinst Henrike ihre Mannen an.

Zwölf morgenschwere Gesichter gucken sie aus frischen Hemden an.

»Hatte ich schon von unserem neuen Projekt erzählt?«, fragt Henrike und grinst verschmitzt.

Alle Augenbrauen heben sich in Unverständnis.

»Dann will ich uns mal den Morgen versüssen«, strahlt Henrike »auch wenn das mit der Süsse so eine Sache ist.«

Die Herren rutschen auf ihren Stühlen herum und schenken sich Kaffee nach.

»Das Positive gleich mal vorweg: Am Ende der Übung Projekt QS gibt es reichlich Bier und noch wichtiger reichlich Übersicht.«

Der Lagerleiter schaut sie ungläubig an.

»Die eher schlechtere Nachricht: wir müssen umräumen. Allerdings sehe ich das äusserst positiv, da finden wir dann sicher ein paar Lagerleichen und ausserdem heraus warum einzelne Verpackungen defekt sind.«

»Das wüssten wir schon lange gerne, damit nicht immer alle uns beschuldigen«, ruft Hirtenbein und alle lachen.

»Genau deshalb machen wir ja jetzt unser Projekt: Lager ahoi!«, lächelt Henrike ihn an »Da hat sich die Qualitätssicherung einmal etwas einfallen lassen, das auch uns nutzt, oder?«

»Naja, abgesehen von der Malocherei beim Umräumen«, gibt der Lagerleiter zu bedenken.

»Tja wenn es nichts nützte müssten wir es ja nicht tun«, zwinkert Henrike ihm zu.

»Also hier ist die Einteilung für die Aktion “Lager ahoi” und um siebzehnuhrdreissig ist das Bier geplant. Das müsste doch zu schaffen sein, oder?«

»Wenn sie mit anpacken?«, wirft Hirtenbein vorsichtig ein.

»Aber unbedingt, mich finden sie bei der Zeitplanung im Lager neunzehn.«

»Na dann, auf zur Plackerei bis zum Bier«, grinst der Lagerleiter während alle aufstehen und aus dem Konferenzraum strömen.

Henrike setzt sich und trinkt noch ihren Kaffee aus. Mag sie eh lieber als Bier.